Signale für die Zinswende
(6. März 2013)
Die Zinsen sind historisch niedrig, die 10-jährigen Bundesanleihen lagen bei 1,5% – 1,6% Rendite und auch die Süd-europäischen 10-jahres Staatstitel sind wieder bei als „attraktiv“ zu bezeichnenden Niveaus um 3,3% – 4,5% angekommen. Das allein sieht schon nach „Talsohle“ aus. Aber es könnte ja noch weiter gehen. Die beispiellose Rentenhausse im Laufe der letzten 20 Jahre hat immer wieder neue Höchstpunkte gefunden – und Renten-Bären enttäuscht. Selbst die Anleihe Gurus von Pimco wurden zuletzt öfter auf dem Falschen, als dem Richtigen Fuss erwischt.
Das entscheidende Merkmal der aktuellen Situation ist: Geld wird wieder gebraucht.
– Die wöchentlichen Absorbtionstender der EZB wurden nicht mehr überboten. Die Banken haben offenbar besseres mit dem Geld vor, als es „dem Sterilisationsprozess zuliebe“ bei der EZB wieder abzugeben.
– Bei den letzten Erstmarktauktionen des Bundes gab es eine deutliche Zurückhaltung, im Ergebnis eine Unterdeckung.
– Grosse Investmentbanken, wie die Deutsche Bank machen erheblich weniger Umsatz im anleihehandel, was für eine Investorenzurückhaltung in dieser Assetklasse spricht.
– Die Wirtschaftsdaten der Eurozone sind insgesamt derzeit sehr ermutigend, mit zunhmender Kapazitätsauslastung beginnt der Lehre nach die Bodenbildung für die Inflation.
Die meisten namhaften Experten sprechen sich öffentlich derzeit gegen Deflationsgefahren im Euro aus. Die letzte Statistik zu Inflation im Euroraum zeigt, daß die Erwartungen (0.6% – 0.7%) unter der tatsächlichen Inflation (0.8%) der Eurozone liegen. Die EZB sieht keine Deflationsgefahr zur Zeit.
Mit der Inflation kommt nach allgemeiner Denkweise auch die Zinswende, als bereits 10-jährige „Rentenoptimisten“ sehen wir das auch so und stehen Inflationssorgen nach wie vor skeptisch gegenüber. Vorausgesetzt, daß der Welthandel nicht zum Erliegen kommt und die Zentralbanken politisch fähig sind, Ihre Bilanzen wieder zu reduzieren. Wir rechnen also nicht mit einer hohen Inflation oder Zinsen über 3% im 10-jährigen Bereich. die 10-jährigen US-Treasuries haben sich bereits von BUND-Renditen abgekoppelt und liegen bei ca. 2,5%.
Einige Markt Beobachtungen stützen die vorgenannten Thesen.
– EONIA-Zinsen steigen wieder – am einfachsten nachvollziehbar an der Eonia ETF-Preisentwicklung
– Der Goldpreis zieht an, Gold ist immer ein guter Indikator dafür, daß andere Assetklassen an Interesse verlieren.
– Der US-Dollar gibt nach, was letztlich bedeutet, daß Investoren in Europa investiert bleben wollen, nicht aber in USA, wo die Wirtschaft sich verlangsamt. Diese Investoren kaufen aber keine deutschen Staatsanleihen, denn die Verzinsung kompensiert kaum das Währungsrisiko.
– Die Renditen Südeuropäischen Staatsanleihen werden immer attraktiver – es findet wieder eine Art Konvergenz statt, die Anreize für Investoren zu Umschichtungen ausübt.
– Wir sehen auch in unseren Portfolios klare Trends zu allen Arten von Anleihen in EUR mit A oder BBB Rating, aber AAA / AA Staatstitel werden eher gemieden.
Nicht zuletzt hat die EZB mit dem heutigen Tage auch eine Art Zinswende am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve vollzogen. Die Zinsen werden nicht erhöht, man läßt die Aktienkurse und die Konjunktur laufen und legt auch keine neuen Investitionsprogramme (kurz „Bazooka“) auf.
Es gibt wenig Signale für weiter fallende Zinsen deutscher Staatsanleihen, es sieht eher nach einer vollendeten Bodenbildung aus.
(update 23.3.2014)
Die Kommunikation der FED-Chefin Janet Yellen hat Mittwoch Abend kurz zu heftigen Marktreaktionen geführt, als allen Zuhörern und angeschlossenen Händlern klar wurde, das die FED das Tapering präferiert. Der Druck auf die Märkte ist logisch nachvollziehbar, von irren Computer-basierten HF-Tradern kann nicht die Rede sein, denn keiner wusste in dem Moment, was sie noch Alles sagen würde. Unsere These seit Oktober, das die Janet Yellen keine „Taube“ wird, ist nun auch ein Szenario der Märkte. Diese drehten dann schnell wieder ins Plus, nachdem der Gesamteindruck der Ergebnisse der Offenmarktausschusssitzung doch nicht so negativ war. Die Zinswende im US-Dollar am kurzen Ende rückt lediglich einige Monate nach vorne. Am langen Ende haben sich die langlaufenden US-Renditen schon länger von Bundesanleihen entkoppelt.
Nach Yellens Rede legen in den USA auch die Zinsen für langlaufende Hypothekendarlehen signifikant zu.
Allerdings wurde nun durch Yellens Ansage auch klar, dass keine Rücksicht auf die Gefahr einer harten Landung des Schwellenländer Wachstums genommen wird. Während China sich eine Weile geldpolitisch „verteidigen“ kann, ist nun dieselbe Situation, wie im Frühjahr 2013 eingetreten, als Beranke den ersten Stein in Wasser warf und die Tapering Spekulationen auslöste.
In Europa aber gibt es einige Effekte, welche die Zinswende noch verzögern. Strukturreformen in den südeuropäischen Ländern führen zu sinkenden Staatsanleihe-Renditen. Bundesanleihen bleiben dennoch noch eine Weile der sicherste Hafen für Geld, das aus Russland und den Emerging Markets „flüchtet“. Denn die Gewinne der Unternehmen in Europa wachsen nicht so, dass Aktien als Assetklasse attraktiv wären.
Ferner muss Draghi auf die sehr niedrige Inflation in ausnahmslos allen EURO-Zone Ländern reagieren, wenn das Wirtschaftswachstum ausbleibt. Ein BGH-konformes Aufkaufprogramm für z.B. Immobilienkredite aus allen Bankbilanzen heraus steht an, denn der Pfandbriefmarkt ist bereits leergeräumt.
Also werden Bankassets von der EZB gekauft. . Es fällt dann auch der EZB-Bonus für Staatsanleihen weg, d.h. dass die EZB stattdessen Staatsanleihen im Rahmen eines „Quantitative Easing“ kaufen könnte. Der Vorwurf der indirekten Staatsfinanzierung entfällt.
Diese Erwartung der Märkte zur möglicherweise verzögerten Zinswende in Europa wird mit Bekanntgabe der nächsten Konjunkturdaten zur Eurozone deutlich am Verlauf den US-Dollar ablesbar sein. Fällt der Euro zum Dollar steigt die Erwartung einer bilanz-verlängernden EZB-Politik.