Netzneutralität – aus Investorensicht
Die Diskussion um gleichberechtigte Datenpakete im Internet dreht sich um Freiheit und Gleichheit.
Nun ist es so, dass private Telekommunikationskonzerne die Datenleitungen über Jahrzehnte aufgebaut haben – im Interesse Ihrer Aktionäre – eine Wette auf die Zukunft. In dieser Zukunft leben wir heute und die Datenleitung reichen noch nicht aus, Videodaten wollen schneller übertragen werden, als normale Emails. Es soll ein schnelles und ein langsames Internet, ggf. getrennte fragmentierte „Internete“ geben.
Über die regulierten Börsen wird ja auch diskutiert, ob dort Hochfrequenzhändler gegen wesentlich höhere Gebühren eine kürzere und damit schnellere Datenleitung zur Orderausführung (Co-Location) nutzen dürfen. Einzig die Tatsache, dass weiter entfernte Händler nicht so viel Wert auf einen Vorteil legen, den sie nicht nutzen wollten, verhindert um eine Diskussion um eine „Händlerneutralität“. Aber das ändert sich ja noch.
Die Infrastruktur im Internet wird von vielen Anbietern zur Verfügung gestellt, ähnlich wie Stromnetze. Stromnetze sind auch neutral.
Wären das Internet so schnell ausgebaut worden, wenn die Netzneutralität keine Selbstverständlichkeit gewesen wäre ? Hat nicht jeder Internetanbieter sehr darauf geachtet, bei seinen Kunden als „guter“, also schneller Anbieter beliebt zu sein ? Dann hat er schnelle Zugänge zu seinen Kunden und schnelle Übergangspunkte zu anderen Netzen gelegt. Die Netzneutralität hat den Innovationsprozess sehr beschleunigt. Zugunsten und zu Lasten aller Beteiligten. Denn wären schnelle, breite Leitungen immer schon teurer gewesen, gäbe es heute ein billiges Internet, über das Haushalte mit wenig Budget nur Emails verschicken, aber keine Filme ansehen könnten. Nicht nur der Zugang wäre gedrosselt, sondern auch die Struktur dahinter wäre nicht so bereitwillig ausgebaut worden. Schnelle Leitungen stünden nur wenigen zur Verfügung und wären eine enge Ressource. Ähnlich wie bei Unternehmen würde nur in Boomzeiten investiert werden, in schlechten Zeiten gespart.
Das steht den Amerikanern langfristig bevor, wenn die Gesetzesvorschläge durchkommen, um die Netzneutralität langsam zu kippen. Ähnlich werden die amerikanischen Bürger das Internet dann erleben, wie Ihre Stromnetze, wo Blackouts häufiger werden.
Es klingt alles wie der Missgriff in der Energiewende, als man Angebot und Nachfrageprozesse aushebelte und unabhängig davon subventionierte.
Klüger und wirtschaftlich nachvollziehbarer wäre es doch, den Menschen Anreize für Ihre Flexibilität zu geben und das Netzentgelt nach dem Aufkommen von Daten zu bemessen. So wie in einiger Zeit – am Ende der Energiewende – auch in Europa der Strom von den Anbietern selbst vermarktet werden muss. Videodownload zur Primetime kostet dann halt mehr. Wer so zum Spaß Videos lädt, zahlt gerne mehr. Wer auf Geschwindigkeit aus wirtschaftlichen Gründen angewiesen ist, lädt seine Vorlesungen ein paar Stunden im voraus herunter. Das Netz ist dann noch neutral, aber Angebots und Nachfrageprozesse werden weder ausgehebelt noch unter Datenanbietern ausgewürfelt.